Der landwirtschaftliche Grossbetrieb mit sozialem Auftrag «Murimoos werken und wohnen» ist (wieder einmal) in Unruhe geraten.
Es gehört in die Verantwortlichkeit aller Beteiligten, dass eine Institution wie das Murimoos in einem steten Prozess dem Auftrag im Sinn der gegebenen Statuten und zugunsten der involvierten Bewohner*innen den zeitgemässen Bedingungen und Voraussetzungen angepasst wird. Allerdings setzt das voraus, dass für die verschiedenen Gremien – Vorstand, Mitglieder und Geschäftsführung – ein konstruktiver Dialog und offene Kommunikation als unabdingbare Voraussetzung für ein Weitergehen gegeben ist. Das scheint im Murimoos nicht der Fall zu sein, denn inzwischen wurde die «IG Zukunft Murimoos» unter anderen von Astrid Gebert Käppeli, Hans-Mathias Käppeli, Eva Kollmann, Thomas Kull (Beinwil) und Peter Jäggi (Muri) gegründet, die gegen das Vorgehen des Vereinsvorstand opponiert und eine breit abgestützte Diskussion über die weitere Rechtsform von Murimoos fordert.
Veränderungen ja, aber wie?
Die vergangenen fünf Jahrzehnte gingen in Bezug auf die sozialen-gesellschaftlichen Veränderungen und gleichzeitig wirtschaftlich zu überleben nicht spurlos am Murimoos vorbei. Der Betrieb entwickelte sich vom geschützten Bauernhof zu einem namhaften Unternehmen, das sich den marktwirtschaftlichen Gepflogenheiten zu stellen und gleichzeitig benachteiligten Menschen einen Wohn- und Arbeitsplatz zu bieten hat. Innerhalb des Vereinsvorstandes und der Geschäftsführung ist man nun zur Überzeugung gelangt, dass die Rechtsform des Vereins für das Grossunternehmen Murimoos nicht mehr zeitgemäss ist. Daher will man seitens des Vereinsvorstandes die Liegenschaften in eine Stiftung als Eigentümerin und den operativen Betrieb durch die gemeinnützige «Murimoos AG» sicherstellen. Für die Bewohner*innen und die Mitarbeitenden werde sich nichts ändern, hält der Vorstand fest. Grundsätzlich habe man gegen Strukturanpassungen an eine zeitgemässe Führung von Murimoos nichts einzuwenden, erklärte Astrid Gebert, IG Zukunft Murimoos, anlässlich einer Presseorientierung, aber die vom Vorstand vorgeschlagene Rechtsform entspreche nicht dem Ursprungsgedanken von Murimoos und sei so auch nicht zwingend.
Verein oder Stiftung?
Wie an der Medienorientierung zu erfahren war, liegt der Kernpunkt der Sache nicht in erster Linie an der Rechtsformumwandlung, sondern an der seitens des Vereinsvorstandes vernachlässigten Information und nicht Einbezug der Mitglieder in den Prozess. «Der Inhalt, formell und die Art des Vorgehens, ist nicht in Ordnung», hielt Astrid Gebert fest. In Bezug auf die Rechtsform brachte es Hans-Mathias Käppeli so auf den Punkt: «Auch ein Verein kann einen Betrieb neuzeitlich führen, nur müssen die Strukturen vorhanden sein wie in einem Unternehmen.» Und solche brauche es auch im Murimoos. Diese können sowohl als Verein oder als Stiftung bewerkstelligt werden. Man müsse daher alle Vor- und Nachteile einer Stiftung oder eine Vereinsstruktur gründlich abklären und erst dann die entscheidenden Schritte mit Mitspracherecht der Mitglieder in die Wege leiten. Peter Jäggi machte darauf aufmerksam, dass bis anhin die Führung und Kontrolle funktioniert habe und es sei daher nicht gerechtfertigt, einfach die Mitglieder nicht anzuhören. Diesbezüglich erwähnte Thomas Kull, IG Zukunft Murimoos, dass der Vorstand des Vereins Murimoos werken und wohnen die Aushändigung der Mitgliederliste verweigere, den Mitgliedern auf Fragen eine Antwort verweigere und Anträge zur Mitgliedschaft nicht bearbeite respektive einen Ausschluss aus dem Verein ankündige.
Gemeinsam weiter wäre Zukunft
Die Diskussion um die Art und Form der Führung vom Murimoos ist schon mehr als zehn Jahre alt und immer wieder wurde nach Neustrukturierung gerufen. Nun ist aber der Vorstand und die Geschäftsleitung überzeugt, mit diesem Schritt der Rechtsformumwandlung für die Zukunft gerüstet zu sein. Dazu hält Astrid Gebert Käppeli fest: «Das Murimoos als soziale Institution muss im Zentrum der Neuausrichtung stehen und das funktioniert nur, wie die Vergangenheit gezeigt hat, möglichst breit abgestützt.» Der jetzigen Rechtsformänderung fehle aber eine Strategie, die für die soziale Institution zielführend ist.
Die «IG Zukunft Murimoos» hält klar fest, dass das bisherige Verfahren nicht fair und die Abstimmung nicht korrekt waren. So wurde bei der schriftlich vorgenommenen Abstimmung die zwei Drittel Mehrheit für eine Reformänderung nicht erreicht. Es sei daher zwingend, dass die jetzige Übung abgebrochen werde und die Reformänderung aufgrund einer sauberen Vorgabe in die Wege geleitet wird. «Murimoos ist uns nicht egal, aber wir wollen viele weitsichtige Errungenschaften des Murimoos weiterführen», so Astrid Gebert Käppeli. Niemand der «IG Zukunft Murimoos», in der sich bereits rund 80 Leute zusammengeschlossen haben, sei gegen strukturelle Anpassungen, alle wollen klare Kompetenzen und Kontrollorgane, aber die angedachte Rechtsformänderung sei so nicht geniessbar.
Der Zweck bleibt erhalten
Der Vereinsvorstand steht inmitten eines intensiven Prozesses, den er vor zwei Jahren bereits in die Wege geleitet hat, wie Vereinspräsidentin Heidi Schmid in der Gesprächsrunde mit Ingo Hauser, Leiter Geschäftsbereich Wohnen & AL Gastronomie & Hauswirtschaft, und Geschäftsführer Michael Dubach festhält. Man habe sich gemeinsam mit anderen Fachleuten zusammengesetzt, den Kanton Aargau miteinbezogen und verschiedene Modelle geprüft, so Ingo Hauser, und sei letztlich zur Rechtsform einer Stiftung «Murimoos werken und wohnen» als zukunftsweisende Ausrichtung gekommen. Die angedachte «Murimoos AG» muss die Liegenschaften und den gesamten Betrieb als Mieter aufgrund der Zielsetzungen und Statuten von «Murimoos werken und wohnen» führen, erklärte Michael Dubach. «Die Stiftung sichert den Gedanken von Murimoos und schafft weiterhin die Rahmenbedingungen den Betrieb unter Einbezug der Klient*innen und wirtschaftlich und zeitgemäss führen zu können. Das ist und bleibt unser Kernauftrag», betonte Michael Dubach. Man müsse jetzt die Einsprache- und Beschwerdefrist einhalten, damit der gefasste Beschluss aus der Abstimmung umgesetzt werden könne, so Heidi Schmid.
Es bleibt also abzuwarten, ob bei den verschiedenen An- und Einsichten ein Dialog gefunden wird. Den Bewohner*innen und dem Betrieb ist es zu wünschen, dass das Murimoos den Schritt in die Zukunft einleiten kann.
Richard Wurz
1. Dezember 2021
Bilder: Richard Wurz