Bald trifft man sich am festlich geschmückten Esstisch bei einem feinen Essen und (fast) wie immer ist ein Stuhl nur teilweise besetzt.
Natürlich leuchten meine Augen und der Magen knurrt in weihnächtlichen Tönen, wenn ich an den festlich geschmückten Tisch in der Stube mit dem voller Lichter und Kugeln strahlenden Christbaum denke. So soll die als Kind liebgewonnene Tradition erhalten bleiben, dass man sich familiär freundschaftlich und friedlich an Weihnachten zu einem einmalig feinen Essen trifft. Und Mutter ununterbrochen in der Küche wirkte mit einem zufriedenen, wenn auch gestressten Lächeln, denn sie hatte die Pflicht verinnerlicht, der Familie das feinste Essen aufzutischen.
Es war die Zeit, als es auch in bescheideneren Verhältnissen lebenden Familien einen richtigen «Vier-Gänger» gab. Auf das Beste von Mutter in aufwendiger Arbeit zubereitet, gekocht und serviert. Man darf davon ausgehen, dass ein solches Festessen vielerorts immer noch ein Bestandteil des traditionellen Weihnachtstreffens ist. Die Auswahl der Menus wurde und wird sicher immer den aktuellen Essgewohnheiten angepasst respektive darauf geachtet wo und wie die vielen Zutaten angebaut oder gezüchtet werden. Auch in der Küche haben sich Veränderungen bemerkbar gemacht, denn es steht nicht mehr immer zwingend Mutter am Kochherd.
In Erinnerung geblieben ist aber auch, dass eigentlich Mutter aufgrund ihren familiären Verpflichtungen nur sporadisch am Tischgespräch teilnahm – ihr Stuhl blieb mehrheitlich unbesetzt. Diesbezüglich hat sich sicher vieles geändert, aber geblieben ist, dass es (fast) immer einen einzelnen Menschen trifft, der zwischen Küche, Service und temporärer Teilnahme am Tischgespräch und Essen dauernd in Bewegung ist – und weiterhin bleibt ein Stuhl mehrheitlich unbesetzt.
Daher erlaube ich mir Ihnen, liebe Leser*innen, vorzuschlagen, den viel gewünschten «Vier-Gänger» sein zu lassen und einen feinen Eintopf zuzubereiten. Das gäbe eine gemütliche Tischrunde, an der alle gleichzeitig teilnehmen könnten – ein ausgedehntes gemeinsames Festessen – und alle Stühle sind besetzt.
Richard Wurz
11. Dezember 2022
Bild: zVg