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Das Gesetz verbietet die Körperstrafe, nur gegenüber dem eigenen Kind nicht.


home tab quer zuechtigungEs ist noch nicht so lange her und die halbe Schweiz empörte sich darüber, dass der Präsident eines Fussballclubs einem Berichterstatter eine Ohrfeige verpasste und dies eigentlich in Ordnung befand. Die PolitikerInnen, Behördenmitglieder und mindestens die halbe Schweiz wäre mehr als empört, wenn eine Lehrperson die Contenance verlieren und den SchülerInnen eine Ohrfeige austeilen würde. Man würde an die Verantwortung als Pädagoge erinnern, das Gesetz anwenden und die nötigen Strafmassnahmen einleiten. Einem Faustschlag ins Gesicht des Nachbarn wegen seinem ‒ nach eigenem Empfinden ‒ Nerven aufreibendem Benehmen, würde selbstverständlich eine Klage wegen Gewalt folgen.
Bis zu diesem Status der Verfolgung und Bestrafung von Gewalt gegenüber anderen Menschen kann ich den gesellschaftlichen und gesetzlichen Gepflogenheiten in der Schweiz noch folgen. Und es spricht für den Staat, dass er bezüglich von Gewaltanwendung auch die notwendigen Gesetze geschaffen hat.
Doch spätestens jetzt entsteht ein Erklärungsnotstand, denn wie soll man einem Kind erklären, dass es eine Gewaltausübung ist, wenn man irgendeinen Menschen schlägt ‒ nicht aber, wenn man das eigene Kind schlägt. Der Bundesrat und das Parlament sieht keinen zwingenden Grund dies gesetzlich zu ändern. Die Einführung eines solchen Gesetzes würde die Autorität der Eltern untergraben, denn der Staat habe sich nicht in die Familien einzumischen, wird fadenscheinig angeführt. Wahrscheinlich hat man auch Angst vor der öffentlichen Meinung, denn noch immer betrachtet eine Vielzahl von SchweizerInnen eine Ohrfeige oder Tracht Prügel nicht als Gewaltanwendung. Und wer dazu noch anführt, dass eine Körperstrafe die Entwicklung des Kindes nicht negativ beeinflusst, dem kann nicht mehr geholfen werden ‒ dem gehört eine Ohrfeige links und rechts.

Mit Verlaub, geschätzte LeserInnen, kann mir irgendjemand erklären, warum ein Vater oder eine Mutter einfach so ohne strafrechtlichen Konsequenzen dem eigenen Kind eine Ohrfeige oder eine Tracht Prügel verabreichen kann, während eine Ohrfeige gegenüber einem Dritten bestraft werden kann? Warum macht der Staat einen Unterschied zwischen einem Schlag ins Gesicht drinnen in der Wohnung und draussen auf der Strasse? Und sind den PolitikerInnen die Kleinsten unserer Gesellschaft einfach völlig egal?
Als Berner SchülerInnen 2015 die Petition «Für ein Verbot von Ohrfeigen» einreichten, wurden sie wohl für ihre politische Aktivität gelobt, ihr Anliegen aber abgeschmettert. Die Argumentation der Rechtskommission spricht für sich. So sei es fraglich, ob jede Entgleisung, die Eltern in einer Situation der Überforderung begehen, im Sinne einer Tätlichkeit sei und so zu einer strafrechtlichen Verfolgung führen soll.
Es ist schlichtweg mehr als beschämend, dass in 53 Ländern das Verbot der Körperstrafe, auch gegenüber den eigenen Kindern, gesetzlich verankert ist, nur in der Schweiz nicht. Man diskutiert über alles Mögliche und Unmögliche, Dabei wäre es längst an der Zeit, dass man ein ausdrückliches Verbot von Körperstrafen und psychischer Gewalt an Kindern gesetzlich verankert.
Anstatt für die Kleinsten und Schwächsten unserer Gesellschaft, die sich gegen ihre Eltern nicht wehren können, etwas zu unternehmen, lässt man sie im Stich. Dabei hätten gerade diese Menschen einen berechtigten Anspruch auf ein ausdrückliches Verbot von Körperstrafen und psychischer Gewalt ‒ auch bei Gewalt seitens ihrer eigenen Eltern.

Richard Wurz
18. November 2017
Bild: zVg

 

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