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Der Musiker Benjamin Nyffenegger liess die Kafi-Tratsch-Gäste aufhorchen.
Kafi-Tratsch
Ein Konzert ist wie ein Mosaik – es braucht viele Steinchen, die zusammengefügt werden müssen. Musiker Benjamin Nyffenegger machte am Kafi-Tratsch die Entstehung sichtbar.
Datum: 03. April 2024

Was er als 4-jähriger bei einem Konzertbesuch festgestallt habe, sei in den vergangenen 35 Jahren Wirklichkeit geworden – seine Liebe zum Cello, erklärte Benjamin Nyffenegger. Nachgefragt ob … fügte er gleich an, dass er kein Wunderkind sei, sondern einfach aufgewachse in einer musikinteressierten Familie, in der die Musik zum Alltag gehörte und kein «Muss» war. Damals sei das Fussballspiel im Vordergrund gestanden und Cello habe er einfach so nebenbei in der Musikschule erlernt. Allerdings habe es dazumal ein Problem gegeben, denn der Cellolehrer war der Ansicht, dass das Cellospiel nichts für ihn sei, da er zu kurze Arme habe. Das habe ihn nicht davon abgehalten bis Ende der Bezirksschulzeit die Cellostunde an der normalen Musikschule zu besuchen, erläuterte Benjamin Nyffenegger, sei aber als 15-Jähriger direkt ans Konservatorium gegangen. Mit einem Lächeln fügte er an: «So konnte ich das viel zitierte Blockflötenspiel und die Kanti weglassen.» Mit 21 Jahren habe er dieses abgeschlossen und sich einen Weg durch die Welt der Musik gebahnt. Mit Verlaub sei hier eingefügt, dass sich auch Lehrer irren können – zum Glück.

…und dann stimmt alles wieder
Vor siebzehn Jahren habe er eine wichtige Weiche stellen können, da er eine der begehrten Stellen im Tonhalle-Orchester Zürich als Cellist zugesprochen bekommen habe. Allerdings sei es ein grauenhafter Auwahlprozess gewesen, erinnerte ich Benjamin Nyffenegger, denn so rund 200 Musiker:innen bewarben sich und nach relativ wenigen Minuten Vorspielzeit wurde entschieden. Ob es aber musikalisch und menschlich reiche, habe letztlich erst ein nicht sehr angenehmes Probejahr entschieden. Nun sei er als Cellosolist festangestellt in einem sehr wertvollen und spannenden Orchester bis zu seiner Pensionierung. Dieses Engagement lasse aber zeitlich noch andere musikalische Aktivitäten zu. Da er die im Orchester zu spielenden Werke kenne und Cello spielen könne, brauche er nicht sehr viel Vorbereitungszeit. Angesprochen auf das Mitwirken in einem Orchester mit hundert Musiker:innen, meinte Benjamin Nyffenegger: «Es gibt Wochen, da gibt es nichts Schöneres als mit dem Orchester, das einem soviel gibt und einem mitträgt, zu spielen, aber auch Momente des Gedankens aufzuhören, was das Mitwirken noch spannender macht, denn es gibt Werke, die man immer wieder gerne spielt und nie vergisst.»

…und es passiert so vieles
Neben seiner Tätigkeit als Cellist im Tonhallenorchester Zürich sei er unter anderem aktiv als Solist in Kammermusik-Ensembles und künstlerischer Leiter des SeetalClassic. Gemeinsam mit der Musikerin Julia Fischer (Violine) habe er die künstlerische Leitung des «Boswiler Frühling» und «Boswiler Herbst» als Nachfolgefestivals des «Boswiler Sommer» übernommen - nach dem Motto: «Anstatt nichts, zwei kleinere Festival der Begegnung.» Das Ziel sei mit Musiker:innen Werke aufzuführen, die noch unbekannt seien oder selten aufgeführt werden. «Ein Konzertprogramm mit grossartigen Kompositionen, die noch entdeckt werden müssen», betonte Benjamin Nyffenegger. Natürlich sei dies ein Risiko, denn man könne so keinen «sicheren Wert» anbieten, sondern es brauche die Neugierde des Publikums unbekannte Werke zu geniessen. «Es stimmt mich traurig, wenn so bedeutende Werke von hervorragenden Musiker:innen gespielt werden und das Publikum fehlt», hielt er fest. Man werde daher alles dafür einsetzen ein gegenseitiges Vertrauen aufzubauen, damit eine Bindung zum Konzertort mit Musik auf hohem Niveau entstehe und nicht aufgrund des Werkes, das gespielt werde.

«Es ist nicht einfach … wir machen es uns aber auch nicht einfach.»

Benjamin Nyffenegger

Es bleibt mehr Freiraum
Im Gegensatz zu einer Orchesterprobe treffen sich am Künstlerhaus Boswil zum «Boswiler Frühling» Musiker:innen, die zum Teil noch nie miteinander gespielt haben und unbekanntere Werke in einer kurzen Vorbereitungszeit gemeinsam erarbeiten müssen, erklärte Benjamin Nyffenegger. Man müsse schon fit sein auf seinem Instrument und die individuelle Herausforderung annehmen, den gegebenen Freiraum musikalisch zu gestalten und zu füllen ohne Dirigenten, der den Faden vorgibt. «Kammermusik ist ein empathisches aufeinander Eingehen und spüren, wer welche Zeit braucht bis der Ton zum Einklang im Ensemble wird.» Und so entstehe ein intensives Konzert und für das Publikum ein musikalisches Erlebnis.

… und der Publikumsnachwuchs
Angesprochen darauf, dass an den Konzerten im Publikum die jüngere Generation fehle, hielt Benjamin Nyffenegger fest, dass der Anteil an Jugendlichen an Konzerten der Klassik noch nie bedeutend war. Er erinnerte aber daran, dass die Konzerte nicht kinderfreundlich seien, denn es müsse im Saal ruhig sein, störe doch jedes Geräusch die Musiker:innen. Daher sei es wichtig, dass der Kontakt zu den Jugendlichen in Bezug auf die klassische Musik sehr früh eingesetzt werde. Es wäre unsere Aufgabe den hohen Stellenwert der Musik zu vermitteln, forderte Benjamin Nyffenegger, aber leider sei die Qualität an den Musikschulen unfassbar tief – «es fehlt die musikalische Bildung».

Richard Wurz
3.  April 2024
Bilder: Barbara Berner

home benni portraet

    Illustration: Karin Köpfli-Fehlmann

 Das Festival «Boswiler Frühling» am Künstlerhaus Boswil findet von Donnerstag, 4. bis Sonntag, 7. April statt. Reservationen und weitere Informationen unter www.kuenstlerhausboswil.ch

Der nächste Kafi-Tratsch findet am Samstag, 27. April um 10 Uhr im Foyer des Kellertheaters Bremgarten statt.

 

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