Dem Ganzen ein Gesicht geben
Etwas speziell war es schon, dass ein Kunstschaffender, den der Gesang sein ganzes Leben begleitet und mitfinanziert, gleich zu Beginn Klarheit schuf: «Ich bin mit Widerwillen Sänger geworden, wollte ich doch immer Schauspieler werden.» Er gestand aber ein, dass er in den Jugendjahren im Keller dazu neigte zu singen und da er eigentlich Pfarrer werden wollte, gleich mit seinen jugendlichen Freunden entsprechend eingekleidet die Heilige Messe feierte. Die wohl entscheidende Weichenstellung fand dann nach dem Abitur im Militärdienst statt. Da habe er einen Sprechlehrer gesucht und gefunden, der aber unmissverständlich festgehalten habe: «Du musst unbedingt singen.» Das sei Grund genug gewesen zu gehen, meinte Volker Vogel, aber für 5 DM die Stunde unterrichtet zu werden, liess die Bedenken «Gesang» fallen und so sei er zwei Jahre geblieben. An der folgenden Hochschule wieder Gesang, was ihn veranlasst habe der Theaterklasse seine Besuche abzustatten. Er habe dann ein Angebot aus Hannover, am Theater die Regieassistenz zu übernehmen, erhalten. Als sie ihm versichert hätten, nach zwei Jahren eine eigene Inszenierung machen zu können und erst noch einen Lohn für alles bekam, sei alles klar gewesen, erzählte Volker Vogel. So sei seine 1. Inszenierung «Madama Butterfly» gewesen und es folgte ein Jahr später «La Bohème». Ein Agent sei so begeistert gewesen, dass er festhielt: «Noch eine Inszenierung und dann ab in die grosse Welt.» Nur sei der Agent verstorben und er habe nicht gewusst, was denn jetzt zu machen sei – es blieb den Gesang aktivieren. So sei er in Dortmund, Freiburg im Breisgau, Japan, Wien gelandet und in Zürich, wo er längere Zeit als Opernsänger wirkte. «Ich machte das, was ich nie werden wollte – Sänger.
Volker Vogel
Die Wende
Nun sei er aber entschlossen gewesen und habe sich auf den Weg als freischaffender Sänger und Regisseur gemacht. In St. Gallen Regie in «Wienerblut», von da nach Leipzig, wo er 2010 die Leitung des Theaters übernommen habe – «warum weiss ich nicht». In den fünf Jahren habe er mit Erfolg versucht, dass das Publikum Veränderungen von der altmodischen zur moderneren Inszenierung wahrzunehmen bereit war. Volker Vogel erinnerte aber daran, dass es ehemals DDR war und die Bevölkerung für einmal drei Stunden abschalten durfte und dann wieder ab in den Arbeitsprozess. Dabei biete die Operette die Möglichkeit etwas zu gestalten, das auf das Publikum hinüber geht – voller Eigenleben, Lust, Frust, Zorn, Wut, Liebe und Leidenschaft – und in einzelnen Sequenzen mit ihrem eigenen Alltag konfrontiert ist.
Nach einem Beispiel nachgefragt, meinte er: «Über einen Witz so richtig lachen und sich plötzlich fragen, ob es mit einem selber etwas zu tun hat.» Er liebe die komischen, humoristischen Sachen in der Operette, hielt Volker Vogel fest, denn «es menschelet» so und die Operette bewirke etwas – das Lachen. Daher sollte man nicht moralisierend beurteilen, weil zum Beispiel «Die Zirkusprinzessin» in Russland entstand, sonst decke man letztlich eine Geschichte, eine ganze Zeitepoche einfach zu. Es habe sich in den vergangenen Jahrzehnten vieles verändert, aber eine Operette bleibe mit ihrer Geschichte eine Operette.
Alles fliesst ineinander
Zurzeit ist Volker Vogel Regisseur der Operette «Die Zirkusprinzessin» in Bremgarten und trägt die Verantwortung für das Geschehen vor, auf und hinter der Bühne. Er erhob Einsprache und wies darauf hin, dass in Bremgarten es so rund laufe, weil das Gremium der Operettenbühne Bremgarten die Fäden gut gesponnen habe, betonte Volker Vogel. Natürlich sei er von Beginn mit dabei, masse sich aber nicht an in allen Bereichen mit- resp. reinzureden. Den Überblick wolle er schon haben, aber er sei abhängig von den Spielleuten, dass sie sich auf ihn und seine Visionen einlassen. «Ich will mit ihnen den Charakter herausarbeiten, damit alles und alle miteinander im Stück fliessen.» Dazu gehöre auch eine offene Kommunikation und Auseinandersetzung bei gegenseitigem Respekt. Er brachte das so auf den Punkt: «Wir müssten nicht so viel zum Arzt, wenn wir nicht alles glattbügeln würden anstatt sich auszudrücken.» Wo die Operette heute stehe, meinte Volker Vogel, dass der Wert schon abgenommen habe, denn vieles sei heute einfach cool. Das Nachlassen habe sicher damit zu tun, dass eine Operette ein Gefühl ist. So sei ihm das Dorftheater immer noch etwas wertvolles, denn da würden Menschen ihre Lust zum Spielen einbringen. Und für die Gretchenfrage «wie wird's?» hatte er nur ein müdes Lächeln übrig, denn zuerst müsse gespielt werden, damit er es wisse. Hingegen könne er festhalten, dass die Vorbereitungsarbeiten abgeschlossen seien und eine intensive Probenzeit begonnen habe.
Richard Wurz
4. November 2024
Bilder: Patrick Honegger
llustration: Beatrix Motsch
Der nächste Kafi-Tratsch findet am Samstag, 23. November um 10 Uhr im Foyer des Kellertheaters Bremgarten statt.
Weitere Informationen unter operette-bremgarten.ch/operette