NachhaItigkeit kann auch Grösse sein ‒ in Merenschwand entsteht mitten im Dorf die erste Minihaussiedlung.
Die «Tiny Houses» Bewegung kommt aus den USA, findet aber ihren Ursprung in der Zeit, als man aus irgendwelchen Gefährten ein kleines Häuschen auf Räder baute, um beweglich und unabhängig zu sein. Es sei aber darauf hingewiesen, dass diese Bewegung in den USA nicht in erster Linie aus Naturverbundenheit oder dem Finden einer unabhängigeren Lebensform entstanden ist, sondern die Leute waren schlichtweg gezwungen, weil sie ihr Haus nicht mehr finanzieren konnten. Diese Bewegung von anderen Wohnformen hat inzwischen auch in der Schweiz mehr an Bedeutung gewonnen, wenn auch in den verschiedensten Formen. Der baulich erweiterte Wohnwagen auf einem Jahresplatz auf einem Campingplatz kennt man seit längster Zeit. Nun sind aber aus Zirkus- und Bauwagen auf Rädern stationäre Minihäuser entstanden. Die auf Trailer aufgebauten «Tiny-Häuser» verfügen selten über mehr als 15 Quadratmeter Wohnfläche, verfügen aber über das Wesentliche wie Wohnbereich mit Kochnische, Sanitärbereich mit Dusche und Toilette sowie ein Schlafloft. Die stationären Mini-Häuser dahingegen beinhalten schon mehr Wohnqualität und umfassen zwischen 20 und 40 Quadratmeter Wohnfläche.
Reduktion auf das Wesentliche
Es sei gleich festgehalten, dass diese Mini-Häuser auf ein bis zwei Personen ausgerichtet und damit nicht familientauglich sind. «Die Kleinwohnform ist eine minimalistische, einfache Lebensform und soll die Wohnfläche pro Person reduzieren», erklärt die Baubiologin Tanja Schindler, Projektleiterin Ökominihaus, die mit ihren Projekten eine Pionierin dieser Wohnform ist. Die Wohnbauentwicklung habe dahin geführt, dass aus einem wohnlich nutzbarem Raum Luxus geworden ist. Damit weist sie darauf hin, es gehöre schon zum «Standard», dass eine 1-Zimmerwohnung ein Bad mit WC und separater Toilette habe. So sind längst Wohnungen entstanden, die mehr beinhalten, als dass es braucht. Weiter könne man feststellen, dass die Bauqualität gelitten habe, denn man wolle so viel wie möglich reinpacken und spare dabei bei der Materialwahl. «Diesem Kreislauf müsse aus bautechnischen und finanziellen Mitteln Gegensteuer gegeben werden», ist Tanja Schindler überzeugt und fordert: «Wir müssen uns auf das reduzieren, was wir wirklich brauchen und nachhaltig bauen, denn wir brauchen qualitativen Wohnraum, wo wir uns wohl fühlen.»
Ein Projekt mit Lebensqualität
Der Fokus des Projektes liege in der sinnvollen Nutzung des Bodens, Energieeffizienz, Einsparung von Wasser und Verwendung von ökologischen Baumaterialien, so Tanja Schindler. Man wolle zukunftsfähigen Lebensraum realisieren ‒ sozial und kulturell nachhaltig, bezahlbar und wohngesund. Dies umzusetzen sei nun in Merenschwand auf einem Brachland der Gemeinde möglich, vor allem weil sie die Unterstützung der Gemeinde habe. Gebaut werden zwei Minihäuser mit 45 Quadratmeter Wohnfläche (bereits verkauft), ein Haus mit 35 Quadratmeter und ein Haus mit 28 Quadratmeter. Die Kosten belaufen sich für die zwei kleineren Häuser auf rund 230'000 Franken. Die Siedlung mit den vier Häusern liegt mitten im Dorf der Gemeinde Merenschwand.
Es sei ein herausforderndes Projekt, betonte Tanja Schindler, denn in seiner Form sei es die erste Siedlung dieser Art in der Schweiz. Zur Frage der Kosten erklärte sie, dass die Grundgebühren und Erschliessungsarbeiten sich die Waage halten würden, wie wenn man ein herkömmliches Einfamilienhaus bauen würde, was änderungsbedürftig sei. Weiter komme dazu, dass man das Land von der Gemeinde nur im Baurecht für zehn Jahre erhalten habe. Das heisst, als Eigentümer muss man sich klar sein, dass man für sein Haus einen Landanteil haben muss, wenn die Gemeinde in zehn Jahren das Land anderweitig nutzen will. Es sei aber als Ganzes gesehen eine «Win-Win-Situation». «Wir können dieses Projekt realisieren und die Gemeinde bekommt für das Brachland entsprechende Gebühren.»
Für Projektleiterin Tanja Schindler ist dieses Projekt letztlich in allen seinen Teilen wegweisend. Sie freue sich daher, dass von allen Seiten die Risikobereitschaft die Minihaussiedlung umzusetzen da sei. «Nur so können wir Dinge verwirklichen», meint sie abschliessend.
Richard Wurz
12. März 2020
Bilder: Richard Wurz
Weitere Informationen unter www.oekominihaus.ch
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