Die Provence kommt nach Muri und das nicht nur mit einer einmaligen Krippeninstallation, sondern auch mit einem reichhaltigen Rahmenprogramm.
Ein bisschen Südfrankreich, ein bisschen provenzalische Wärme zu Weihnachten in unseren Breitengraden, das kann man ab dem 1. Dezember im Museum Kloster Muri erleben. Hier hat nämlich der Kunsthistoriker Rudolf Velhagen gemeinsam mit dem Museumsteam eine typische provenzalische Krippenlandschaft aufgebaut. Staunen kann man dabei nicht nur über die vielen Figuren den sogenannten Santons, sondern vor allem auch über die Geschichten, welche die Figuren den BesucherInnen erzählen. Speziell an den bunten Tonfiguren aus Südfrankreich ist nämlich, dass man nicht nur die traditionellen Charakteren, wie die heilige Familie, die Hirten, Engel und die heiligen drei Könige hat, sondern eine schier unendliche Zahl an weiteren Figuren, die teilweise in Anlehnung an die biblische Figuren geschaffen wurden, teilweise aber auch typische französische und südfranzösische Menschen sind. So trifft man beispielsweise auf den Marronibrater, den Bäcker mit seinem Sohn, aber auch Menschen aus den oberen Schichten der Gesellschaft. «Mich haben diese Charakteren seit meiner ersten Begegnung mit den Santons fasziniert und nicht wieder losgelassen», erinnert sich Rudolf Velhagen an seine erste Begegnung mit den bemalten Tonfiguren in Marseille.
Jede Figur hat ihren Platz
Dass es bei der Platzierung der Figuren nicht einfach darum geht ein schönes Bild zu stellen, das begreift man sehr schnell, wenn man Rudolf Velhagen beim Stellen seiner Krippe zusieht. Auf dem grossen Tisch mitten im Museum des Klosters Muri werden ganze Geschichten erzählt. Jede Position des einzelnen Santons ist genau durchdacht. Man könne sogar politische Botschaften durch die geschickte Platzierung einzelner Figuren machen, lässt einem der Kurator tief in seine Arbeit blicken. Ob das in Muri auch der Fall ist, das lässt er allerdings offen. Eines ist allerdings auf jeden Fall sicher: Geschichten werden hier in Muri eine ganze Reihe erzählt. Beispielsweise diejenige des reichen Ehepaars, das von der Geburt des Jesuskindes erst sehr spät erfährt. Oder die Frauen, die um den Brunnen stehen und die wichtigsten Neuigkeiten austauschen oder die des etwas dicken Bäckerjungen, der seinem Vater hinterher eilt. Die Palette könnte man beliebig weiter ausdehnen. Und ja, man kann sich beinahe nicht satt sehen an den bunten Figuren, die alle aus der Werkstatt von Marcel Carbonel aus Marseille stammen. Auch über den Elefanten der heiligen drei Könige staunt man etwas, aber das ist dann halt die künstlerische Freiheit des Schöpfers der Figuren.
Ein breites Publikum ansprechen
Auf die Frage, wie man denn ausgerechnet auf das Kloster Muri gekommen sei, um die Krippe zu zeigen, hat Heidi Holdener, Geschäftsleiterin von Murikultur eine einfache Antwort. «Wir wollten einfach einmal wieder ein anderes Publikum mit einer speziellen Ausstellung ansprechen», skizziert sie die Idee. Dabei habe sich Weihnachten besonders angeboten, weil man innerhalb der Weihnachtszeit eine Reihe von Bräuchen integrieren könne, welche die unterschiedlichsten Zielgruppen anspreche. So hat man sich vor allem auch für Kinder einiges einfallen lassen. Das Programm reicht vom Barbarazweig schneiden, über Königskuchenessen bis hin zum Crêpes backen. Für die Erwachsenen wird es Lesungen aus Alphonse Daudet's (1840 bis 1897) «Lettres de mon moulin» geben, welche wichtige Inspirationsquelle für die Figuren waren. Ausserdem wird man auch das Ritual der «Treize Desserts» allerdings bereits am 15. Dezember zelebrieren. So darf man in Muri bis in den Februar ein bisschen Provence geniessen und sich an den Figuren erfreuen.
Zum ersten Mal öffentlich
Etwas nervös sei er schon, lässt Rudolf Velhagen beim Aufbau seiner Krippe dann doch noch verlauten. Nervös, weil seine Krippe und seine Figuren zum ersten Mal einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt würden. «Bis anhin war das einfach meine private Leidenschaft. Nun zeige ich alles zum ersten Mal öffentlich», fasst er zusammen und fügt weiter hinzu, dass er wie jeder leidenschaftlicher Sammler auch etwas Angst habe um den einen oder anderen sehr filigran geschaffenen Santon.
Bettina Leemann
26. November 2018
Bilder: Bettina Leemann
Die Krippenausstellung im Museum Kloster Muri wird am Samstag, 1. Dezember, um 16 Uhr eröffnet. Informationen über das Rahmenprogramm unter www.murikultur.ch
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