Die Notsituation der Flüchtlinge ist bekannt, in Bremgarten wollte man sie am Flüchtlingstag bewusst(er) machen.
«Die Situation Ukraine beschäftigt uns alle, die Solidarität ist enorm, aber die Arbeit der Hilfsorganisationen ist nicht auf das Woher der Flüchtling kommt konzentriert, sondern auf den Menschen und ist sachbezogen und unabhängig seines Herkunftslandes», hielt Christian Weber, Kirchlicher Regionaler Sozialdienst (KRSD) Mutschellen-Reusstal, anlässlich des Flüchtlingstages in Bremgarten fest. Natürlich sei die Besorgnis aufgrund des Krieges in der Ukraine gross, so Christian Weber. «Die geografische Nähe hat uns alle aufgeschreckt und die Ausgangslage das böse Russland gegen die kleine Ukraine liessen uns grosszügig auftreten.» Er erinnerte aber unmissverständlich daran, dass es am Flüchtlingstag nicht um die Menschen aus der Ukraine gehe, sondern um alle Menschen, die auf der Flucht sind. So wollen die lokalen und kantonalen Organisationen gemeinsam mit den Freiwilligen einen Beitrag dazu leisten, damit die Geflüchteten hier ihren Alltag als Mensch bestreiten, leben und sich integrieren können. So erhalten die Flüchtlinge aus der Ukraine den Schutzstatus S, das heisst, sie erhalten unmittelbar staatliche Hilfe ohne ein Asylverfahren, während unzählige Menschen mit einer provisorischen Aufenthaltsbewilligung während Jahren mit allen Einschränkungen leben müssen. «Es kann nicht sein, dass Flüchtlinge unterschiedlich behandelt werden, denn Mensch ist Mensch und Flucht ist Flucht – Punkt.»
Nachbarschaft statt Anonymität
Die eingeleiteten Massnahmen und Hilfsaktionen für die Flüchtlinge aus der Ukraine seien angemessen, meinte Karen Hug, Leiterin KRSD Bremgarten, im Gespräch. Sie frage sich aber, warum dies nicht auch für die anderen Flüchtlinge zum Tragen komme. «In der aktuellen Situation machen wir es gemeinsam mit der Bevölkerung sicher richtig, aber sollten wir nicht auch sonst versuchen, alles richtig zu machen und nicht nur in einer aktuellen Krisensituation.» Die Flüchtlingsarbeit sei für sie ein Teil ihrer Arbeit, erwähnte Karen Hug, denn letztlich gehe es um die Menschen, die hier in Armut leben und dies unabhängig ihrer Herkunft. «Wir müssen aber das Rad nicht neu erfinden, sondern hinschauen und herausfinden, was besteht und das nutzen.» So sollte doch zum Beispiel Nachbarschaftshilfe nicht von der Herkunft des einzelnen Menschen abhängig sein, hielt sie fest. «Ich wünsche mir, und dafür arbeite ich gerne, eine Gesellschaft, in der man sich gegenseitig hilft und unterstützt und es nicht den Hilfsorganisationen und vor allem den unzähligen Freiwilligen überlässt, damit die Gesellschaft nicht in der Anonymität versinkt.» Sie betonte aber auch, dass die Mitarbeitenden der Organisationen und die Freiwilligen nicht einfach «Pflästerliarbeit» machen und dies schon gar nicht wollen. «Ich bewege mit meiner Arbeit nicht die Welt, aber ich kann einzelne Menschen in ihrem Alltag bewegen.»
Richard Wurz
19. Juni 2022
Bilder: Richard Wurz