Auch der neue Ofen der Bäckerei Kreyenbühl in Muri braucht das Gespür des Bäckers.
Über vierzig Jahre hat der alte Backofen in der heutigen Bäckerei Kreyenbühl vormals Stöckli treu gedient. Nun musste er einem modernen Kollegen das Feld und den Arbeitsplatz überlassen. Auf die Frage, warum der alte Ofen ausgedient habe, antwortete Buki Kreyenbühl sachlich: «Die Heizschlangen im Ofen waren punktuell defekt, was ein unregelmässigeres Backergebnis zur Folge haben kann.» Den neuen Ofen haben Kreyenbühls sorgfältig ausgewählt. Neben der Speicherkapazität und der Energieeffizienz sei klar der Swissness-Aspekt im Vordergrund gestanden. Und es musste ein Steinbackofen sein.
Schamottsteine sind ein Vorteil
Die Bäckerei habe sich letztlich für ein Produkt entschieden, das zu 100 Prozent in der Schweiz hergestellt werde. Fritz Schöni, selbst gelernter Bäckermeister und seit 26 Jahren für die Firma Leutenegger + Frei AG als Backinstruktor in Beratung, Verkauf und Kundenbetreuung tätig, geriet im Gespräch ins Schwärmen, als er vom neuen Ofen erzählte. Mit sechs Tonnen sei dieser kein Leichtgewicht. Das Speichersystem beruhe auf der Verwendung von Schamottsteinen. Diese können viel Wärme aufnehmen und speichern, sodass die Temperatur weniger schnell zusammenfalle. So werde eine sanfte Wärme auf das Backgut abgegeben und man müsse weniger häufig nachheizen, was sich wiederum positiv auf die Krustenbildung auswirke, erklärte Fritz Schöni. Ausserdem sei der neue Ofen über Touchscreen steuerbar und könne für den gesamten Backprozess komplett vorprogrammiert werden ergänzte Buki Kreyenbühl.
Den Bäcker braucht es noch
Auf die etwas ketzerische Frage, was der Bäcker denn da noch für eine Aufgabe habe, wenn doch der Ofen alles selbständig mache, antwortete Buki Kreyenbühl mit der gewohnten Leidenschaft für sein Handwerk: «Den Bäcker braucht es, um die Finessen zu spüren.» Die Bäckerei Kreyenbühl kaufe ihr Mehl direkt ab Mühle, ohne Zusatzstoffe, weshalb sie mit unterschiedlichen Qualitäten umgehen müsse. Je nach Witterung habe der Weizen und damit auch das Endprodukt eine wechselnde Beschaffenheit. Die Kunst sei es, das richtige Gespür zu entwickeln, um damit zu arbeiten. So brauche es mal mehr, mal weniger Wasser. Oder eine Mehllieferung könne mehr färben, dann müsse man mit der Temperatur arbeiten, damit das Backgut nicht zu dunkel werde. Die Arbeitstechnik sei ein wesentliches Element in der Backkunst. «Für ein gutes und verträgliches Produkt braucht es Zeit. Durch eine lange Gärung des Brotteiges wird der Enzymabbau begünstigt und so die Verträglichkeit unterstützt», erklärte Buki Kreyenbühl und fügte hinzu: «Wir Bäcker müssten viel mehr gackern.» Damit wollte er Werbung für die Finessen seines Handwerks machen, welche die Industrie aus Zeitmangel gar nicht berücksichtigen kann. «Gute Produkte brauchen eben Geduld, Zeit und Leidenschaft!» fasste der Genuss-Handwerker zusammen.
Der neue Ofen wurde am 11. Mai in Betrieb genommen und während zwölf Stunden langsam auf Betriebstemperatur gebracht. Einbrennen nenne man dies im Fachjargon, erläuterte Fritz Schöni, der den gesamten Prozess bis zur eigentlichen Inbetriebnahme am Muttertag begleitete. Nach Einbau einer Zeitkapsel erlebte der Steinofen die erste grosse Herausforderung mit dem «Muttertags-Zopf-Backen» am Sonntagmorgen. Für die Bäckerei Kreyenbühl ist ein Generationenprojekt umgesetzt worden oder fand einen bemerkenswerten Beginn. Alles eine Frage der Perspektive.
Susanne King
14. Mai 2017
Bilder:Susanne King