Ein tief verankertes Brauchtum
Es sei wohl jedes Jahr eine grosse Herausforderung verbunden mit einer intensiven Vorbereitungszeit, denn letztlich beteiligen sich aktiv am Hauptumzug durch Küssnacht rund 1700 Menschen, erklärte Pascal Knüsel, Präsident der St. Niklausengesellschaft, im Gespräch. Die Arbeit der Mitglieder der St. Niklausengesellschaft sei aber in der Dorfbevölkerung bestens anerkannt und so bereite es Freude das jährliche Klausjagen «auf die Schiene» zu bringen. Er sei in Küssnacht am Rigi aufgewachsen, lebe und arbeite da und könne sich das Dorf ohne das jährliche Klausjagen gar nicht vorstellen. «Ich bin seit Kindsbeinen in das Geschehen involviert», hielt er mit einem Lächeln fest. Nachgefragt nach den Ursprüngen des Klausjagens, meinte Pascal Knüsel, dass es an ausführlichen schriftlichen Quellen über die Herkunft und Alter des Brauchtums mangle. So sollen unsere Vorahnen mit Lärminstrumenten an der Wintersonnenwende versucht haben, die bösen Geister und Dämonen zu vertreiben, auf dass die kommende Ernte einen reichen Ertrag erbringe. Ein anderer Blickwinkel gehe ins frühe Mittelalter zurück, als in französischen Internaten am Klaustag ein Schüler zum Bischof gewählt wurde und einen Tag lang regieren durfte. Daraus habe sich aber ein wildes Treiben entwickelt und zu Klagen geführt. Es sei eingefügt, dass auch das Küssnachter Klausjagen für die Behörden einst zum Ärgernis wurde.
So sollen um 1920 die Ausschreitungen um den Klaustag so heftige Formen angenommen haben, dass der damalige Bezirksammann Klemenz Ulrich das Ganze verbieten wollte. Er bleibt in «bester» Erinnerung, denn der Dreiklang der Klausenmelodie, komponiert 1912 von Josef Trutmann, ist beim Klausjagen unentbehrlich. Allerdings ist aus der Klausenmelodie der «Bodefridimänz» geworden und der Dreiklang ist unterlegt mit: «Mänz, Mänz, Mänz! Bodefridimänz!» In den 1930er Jahren haben dann beherzte Küssnachter die St. Niklausengesellschaft ins Leben gerufen und die Basis für das heutige Klausjagen gelegt. «Es ist ein im Dorf verankertes Brauchtum, das von Generation zu Generation weitergegeben wird», betonte Pascal Knüsel.
Pascal Knüsel
Ein einmaliges Erlebnis
Ein Böllerschuss lasse die Zuschauer:innen gespannt aufhorchen und auf ihren Stehplätzen verharren, denn die Beleuchtung in den Strassen und Häusern erlischt, es wird finstere Nacht. Die Geisselchlepfer eröffnen den Hauptumzug und begeistern die Besucher:innen, die aber aufgrund des lauten, aber unsichtbaren Knall zurückweichen, so dass die rund 250 Iffelen und St. Niklaus mit seinem Gefolge freien Durchgang haben. Die Musikanten lassen den Dreiklang erklingen, gefolgt von rund 1100 Männern, den Klausjägern mit ihren Treicheln, die sie in einem gleichmässigen Takt schwingen und dann folgen noch die rund 200 Hornbläser. Auf die Frage ob denn nicht ein intensives Üben dahinterstehe, meinte Pascal Knüsel, dass zum Beispiel das Geisselchlepfe schon viel Übung brauche im Gegensatz zum Spiel mit einer Treichel. Dazu brauche es einfach ein gutes Taktgefühl, merkte er lächelnd an. Für die Zuschauer:innen sei diese Vielfalt des Brauchtums, welche die Mitwirkenden sicht- und hörbar machen, sicher ein eindrückliches Erlebnis, meinte Pascal Knüsel. Die Aktiven würden aber einen langen Atem brauchen, denn neben allen «Randerscheinungen in der Vorbereitung» finde am Dienstagabend ein Viertel nach Acht der Hauptumzug und am Mittwochmorgen um sechs Uhr gleich der kleine Umzug statt. Dieser sei aufgrund von Treffen der einzelnen Gruppen gewachsen und umfasse heute rund 600-700 Teilnehmende. Für die Schüler:innen gehe es am Dienstagmorgen um vier Uhr los. Nachgefragt, meinte Pascal Knüsel: «Nein, sie haben nicht schulfrei, beginnen aber ein bisschen später mit dem Schulbetrieb und haben sicher keine Prüfungen an diesem Tag.»
Das Klausjagen schreibt weiter Geschichte
Die St. Niklausengesellschaft sei im Dorf breit abgestützt und habe keine Nachwuchsprobleme, hielt Pascal Knüsel fest. So würden sie auch bei ihren Besuchen in den Schulen, wo sie das Brauchtum Klausjagen vorstellen und auf die Vielfältigkeit eines Mitwirkens hinweisen, auf ein gutes Echo stossen. Ein immer aufkommendes Thema sei das Mitwirken von Frauen am Klausjagen, hielt er fest. Es würden wohl an den Generalversammlungen immer wieder entsprechende Anträge gestellt, aber mehrheitlich abgelehnt. Es sei kein aktuelles Problem, sondern einfach ein gesellschaftliches Thema, das immer wieder aufgegriffen werde.
Einen bedeutenden Aspekt hat das diesjährige Klausjagen aber noch, denn der ganze Umzug wird in Form von Skulpturen in einem Kreisel dargestellt. In einem festlichen Akt fand als Auftakt zum Klausjagen die «Entkleidung» gestern Samstagabend (2. Dezember) statt und so bleibt das Klausjagen visuell das ganze Jahr sichtbar.
Richard Wurz
3. Dezember 2023
Bilder: Richard Wurz und zVg
Der Hauptumzug Klausjagen findet am Dienstag, 5. Dezember um 20.15 Uhr in den Strassen von Küssnacht am Rigi statt. Weitere Informationen unter www.klausjagen.ch/
Im Rahmen der Ausstellung «Advent! Advent!» findet am Sonntag, 10. Dezember um 11 Uhr im Museum Kloster Muri zum Thema «Die Tradition vom Klausjagen in Küssnacht am Rigi» ein interessantes Gespräch des Kurators Dr. Rudolf Velhagen mit Hanstoni Gamma, Mitglied Vorstand St. Niklausengesellschaft Küssnacht am Rigi, Ressort Iffelen, statt. Weitere Informationen unter www.murikultur.ch