Grundsätzlich sind Versprechen so angedacht, dass sie eingehalten werden. Da darf man gespannt sein, was sich im politischen Alltag abspielen wird.
Natürlich fragen Sie sich, liebe LeserInnen, was soll das jetzt, ist es doch schon fast eine Tradition in der Schweizer Politik, dass es für jedes Versprechen, das nicht eingehalten wird, eine tiefgründige Argumentation gibt. Ich bin auf dieses Thema wieder einmal gestossen, da ich im «Tages-Anzeiger» einen Nachruf über den kürzlich verstorbenen Basler Publizisten Carlo Sprenger gelesen habe. Dieser sagte gegenüber dem «Tages-Anzeiger» 2016 folgendes: «Wenn man alles behaupten kann, ohne zur Rechenschaft gezogen zu werden, macht das die Demokratie kaputt.» Dies bringt mich in einen Zwiespalt, denn meines Wissens besteht in unserem Land immer noch eine Art von Demokratie. Dies, obwohl seitens der PoltikerInnen seit unzähligen Jahren Behauptungen und Versprechen in die Luft gesetzt werden, je nach der politischen Einstellung und Parteizugehörigkeit. Natürlich weiss man nie so genau, ob die Äusserungen einfach ein vor sich hin Geplauder sind, auf fundiertem Wissen basieren oder sogar ein Versprechen sind.
Mit Recht wird man mir erklären, ich soll doch nicht alles auf die Goldwaage legen und offenherzig mit der Situation umgehen. Die politisch Linken wollen tatsächlich alles daran setzen, dem Klimawandel aktiv entgegen zu treten, die Mitte schwankt so zwischen ja schon, aber, und die Rechte findet das Ganze nicht so tragisch und einfach «Gott gegeben». Da kann ich mir also heraus nehmen, was gerade so in meinen Alltag passt und mich nicht zu Veränderungen in meinem Verhalten verpflichtet. Am Beruhigsten ist jetzt die Aussage aus der rechten Ecke der Politik. Wahrscheinlich mit Erleichterung hat man festgestellt, weil es sonst an fundierten Argumenten fehlt, dass die Schweiz weltweit nur einen Tausendstel der CO²-Abgabe zu verantworten hat. Da dies tatsächlich zutrifft, kann man im schönen Freiamt beruhigt und unbesorgt weiter beim Bisherigen bleiben, denn das Freiamt ist schon in Bezug auf unser Land nur ein kleiner Landstrich, weltweit aber weit weg von diesem Tausendstel. Also muss man hier zu Lande nichts zur Verbesserung beitragen, einfach lassen, wie es ist. Carlo Sprenger hat also zur Beruhigung aller mit seiner These nicht Recht, denn irgendwie wird immer eine gefällige Form von Demokratie gestaltet.
Richard Wurz
29. Oktober 2019
Bild: zVg