Kinder, so sagt man, sind unsere Zukunft. Doch wie wird mit ihnen umgegangen?
Es ist eine alte Binsenweisheit, dass die Zukunft einer Gesellschaft in ihrer Jugend liegt. Dabei sollten sich die Gesellschaft und vor allem auch die Politik ihrer Verantwortung diesbezüglich bewusster werden und entsprechend handeln.
Vielleicht, werte LeserInnen, mögen Sie es schon nicht mehr lesen. Aber was in unserem Bildungssystem vonstatten geht, das hat manchmal wirklich auf keiner Kuhhaut Platz. Oder besser gesagt, zu vieles wird auf dem Rücken unserer Kinder ausgetragen. Wie diese Zukunft aussehen wird, das können wir uns gar nicht vorstellen. Doch nach meiner Meinung wäre es unsere Aufgabe als sogenannt erwachsene und vernünftige Menschen, für eine optimale Bildung zu sorgen. In einem so reichen Land wie der Schweiz sollte diesbezüglich fast alles möglich sein.
Meine Generation ist mit dem Glauben zur Schule gegangen, dass Bildung ein Kapital ist, das einem niemand mehr wegnehmen kann. Im gleichen Atemzug lernten wir, dass die Schweiz über keine wesentlichen Rohstoffe verfüge ausser dem Rohstoff «Bildung». Das Kapital der Schweiz bestünde darin, dass sie ihre Jugend möglichst gut ausbildet, damit dieses Wissen später in der Arbeitswelt optimal genutzt werden kann. So weit so gut. Doch der Spardruck und das Effizienzstreben lassen inzwischen das Bildungssystem nicht mehr los. Immer wieder haben wir politisch Stellung zu nehmen zu Sparmassnahmen, welche die Bildung betreffen. Solche Massnahmen sind mit Verlaub meist nicht zum Besten unserer Kinder. Das Sparen kann spezielle Blüten treiben.
Da werden Schulen zum Beispiel aufgefordert, über Gemeindegrenzen hinaus möglichst effizient zusammenzuarbeiten. Das erscheint auf den ersten Blick sinnvoll. In der Realität kann es bedeuten, dass man Klassen auffüllen muss, um die notwendigen Schülerzahlen zu erreichen. Was daran so schlimm ist, mögen Sie sich jetzt fragen. Nun ja, im Extremfall (politisch ausgedrückt: im Einzelfall) bedeutet das für die Kinder, dass sie sich ab dem Kindergarten Jahr für Jahr auf neue Klassenzusammensetzungen und neue Lehrpersonen einstellen dürfen. Im einen Jahr werden da Klassen altersmässig durchmischt, weil es von der Anzahl Klassen und Lehrpersonen her gerade besser aufgeht. Im nächsten Jahr werden dann die Klassen wieder als Jahrgangsklassen geführt. Vor allem in oberen Stufen werden dann je nachdem noch Kinder aus verschiedenen Gemeinden zusammengewürfelt, was dann unter Umständen lange und unpraktische Schulwege zur Konsequenz hat. Dies natürlich und selbstverständlich immer auch mit neuen Lehrpersonen. Sind Sie noch mitgekommen? Wenn nicht, dann können Sie sich trösten, den Eltern geht es genauso und den Kindern vermutlich auch. Bis sie sich an eine Klasse und an eine Lehrperson gewöhnt haben, steht schon der nächste Wechsel an. Die Schule gewährleistet schon lange keine Kontinuität mehr, sondern ist ein stetiger Wechsel. Im Zentrum der Schulorganisation stehen nicht die Kinder, sondern abstrakte Vorgaben. Die Kinder helfen, die Vorgaben zu erfüllen, anstatt dass die Vorgaben die Kinder unterstützen. Aber vielleicht hat der Wahnsinn ja System. Vielleicht geht es genau darum, die Kinder von früh auf eine unsichere und zwangsflexible Zukunft zu trainieren.
Bettina Leemann
02. April 2018
Bild: Bettina Leemann