Hat dieses Wort für Sie eine Bedeutung oder halten Sie es nicht so mit Traditionen?
Bei dem Wort Tradition handelt es sich um ein Wort, das seinen Ursprung, wie so viele im Lateinischen hat, und doch ist dieses Wort auch mit viel Emotionalität verbunden, denn nicht immer bedeutet es für jedermann und -frau dasselbe. Würde man nach der Definition vom guten alten Duden gehen die da lautet: etwas, was im Hinblick auf Verhaltensweisen, Ideen, Kultur oder Ähnlichem in der Geschichte, von Generation zu Generation (innerhalb einer bestimmten Gruppe) entwickelt und weitergegeben wurde (und weiterhin Bestand hat), merkt man schnell, dass auch im Duden viel Interpretationsspielraum bleibt, was denn nun eine Tradition ist oder nicht gegeben ist.
So kann man beispielsweise die Familie als eine Gruppe definieren und so gibt es wohl in jeder Familie «Familientraditionen», die vom Geburtstagskuchen, über ein und denselben Ferienort, bis hin zum Weihnachtsmenue reichen können. Und man merkt schnell, Tradition hat irgendwie immer auch etwas mit einem Ritual zu tun. Eine Handlung, ein Essen, das immer zum selben Zeitpunkt wiederholt wird. Traditionen können aber auch gebrochen werden, indem man eben dieses Ritual nicht mehr weiterführt, es in Vergessenheit gerät. Ob das immer gut ist? Diese Frage möchte ich gerne im Raum stehen lassen.
Tradition ist häufig auch mit Heimat, einem Heimatgefühl oder einem Nationalgefühl verbunden und wird dafür auch häufig missbraucht und hat immer auch viel mit Klischees zu tun. Woher das wohl kommen mag? Nun in einigen Tagen begehen Herr und Frau Schweizer einmal mehr den traditionellen Nationalfeiertag. Wie dieser gefeiert wird, ist eigentlich jedermann und -frau sich selbst überlassen und trotzdem haben sich über alle die Jahre hinweg die verschiedensten Gepflogenheiten eingebürgert. So beispielsweise die 1. Augustrede, das Feuerwerk, der Cervelat, das Aufhängen von Lampions, das Feuer, um nur einiges zu nennen. Ketzerisch gesagt könnte man schliesslich sagen, dass was für nordische Länder das Middsommerfest ist, ist für die Schweiz der 1. August. Und schon höre ich sie werte LeserInnen laut aufschreien, dass sei doch niemals dasselbe. Nein, ist es natürlich nicht und doch gibt es doch Parallelen.
Spannend wird es auch, wenn man darüber nachdenkt, wie denn Traditionen beispielsweise in Familien weitergegeben werden. Gerade dann, wenn man nicht mehr in seinem ursprünglichen Heimatland lebt und wohnt, wird häufig versucht, gewisse Bräuche oder eben Traditionen auch für die nächsten Generationen zu erhalten und zu vermitteln, damit die nächste Generation nicht einfach die Wurzeln vergisst. Traditionen können durchaus etwas Schönes haben und sind nicht einfach negativ zu verstehen. Ich finde es beispielsweise durchaus amüsant, meinen Kindern das Jassen beizubringen. Allerdings gilt es auch immer mal wieder darüber nachzudenken, ob die Tradition denn noch Sinn macht und zeitgemäss ist? Denn nach meiner Ansicht, dürfen sich Traditionen auch ändern.
In diesem Sinne einen wunderbaren Nationalfeiertag mit oder ohne Tradition.
Bettina Leemann
27. Juli 2019
Foto: Bettina Leemann