Was liegt ihnen werte Leserschaft näher? Die Musik oder der Sport? Mussten Sie sich als Kind auch für das eine oder andere entscheiden?
Können Sie sich noch erinnern wie das früher in ihrer Kindheit war? Gehörten sie zu den «Glücklichen», die ein Instrument erlernen durften? Musikschulen sind und waren schon immer teuer. Da hat es der Sport auf den ersten Blick etwas einfacher, denn Turnschuhe und Jogginghose und Shirt haben wohl die Meisten in ihrer Standardgarderobe und früher musste man, wenn man in den Turnverein wollte, noch gar nicht so ausgestattet sein. Aber was ist, wenn der Sport richtig intensiv praktiziert wird, wie zum Beispiel Fussball oder Bikefahren, ganz zu schweigen von Ballett oder Tennis? Dann wird auch der Sport schnell einmal zu einem kostspieligen Hobby, das sich längst nicht jede Familie leisten kann.
Und doch hat man beim Blick in die Medien den subjektiven Eindruck, dass es der Sport in vielen Belangen wohl etwas einfacher hat. Man findet Sponsoren, die Turniere, Kleidung und anderes finanzieren. Schwieriger ist dagegen dieselbe Suche, wenn es um Musik geht, geschweige denn klassische Musik. Da fällt schnell einmal das Urteil, elitär, interessiert niemanden, denn das ist Kultur.
Doch wo wäre unsere Menschheit ohne diese Musik, diese Kultur? Und wo wäre unsere Menschheit ohne den Sport? Brauchen wir das wirklich? Meine klare Antwort darauf ist ja, denn ob Sport oder Musik, es ist ein notwendiger Ausgleich zum Alltag, zum Leistungsdruck in der Schule. Damit habe ich aber nicht gesagt, dass es beim Sport und der Musik keinen Leistungsdruck gibt, denn den bekommen die vielen Kinder, welche ein Hobby in der einen oder anderen Richtung ausüben, auch einmal rasch zu spüren. Was mich viel mehr stört ist die Klassifizierung, dass Sport gesellschaftlich ein viel höheres Ansehen geniesst, als die Musik und das Spielen eines Instrumentes. Dabei werden in der Musik manchmal enorme Leistungen erbracht, die von Öffentlichkeit kaum wahrgenommen werden.
Ein gutes Beispiel dafür ist The Muri Competition, der in der Woche nach Ostern in Muri stattfinden wird. Hier messen sich junge OboistInnen und FagottistInnen aus der ganzen Welt in einem Alter zwischen 16 und 30 Jahren. Diese jungen Leute haben sich ganz der Musik verschrieben. Haben sich ein Repertoire angeeignet, das auf höchstem Niveau ist.
Nicht nur, dass die jungen Leute sich mit hochkomplexen Musikstücken auseinandergesetzt haben, sie müssen sie dann auch am Wettbewerbstag auf den Punkt mit viel Gefühl präsentieren und musizieren und nicht einfach nur technisch abspulen. Kommen sie in die weiteren Runden, steigen die Anforderungen. Schliesslich im Halbfinale müssen sie ein Duett mit einem Partner spielen, den sie noch nie gesehen haben, mit dem sie sich nach der zweiten Runde finden und proben müssen. Gleichzeitig stehen aber auch noch Proben mit einem Cellisten oder einem Streichquartett an und schliesslich im Finale verlangt man von den jungen Leuten eine Performance gemeinsam mit einem Orchester, mit dem sie ausser bei einer Probe mit festgesetzter Zeit noch nie gespielt haben.
Das verlangt alles nicht nur musikalisch höchste Fertigkeit, sondern auch mental enorme Stärke. Genauso wie ein Sportler für eine Weltmeisterschaft oder Olympia trainiert. Doch die Sieger von The Muri Competition werden wohl kaum auf der ganzen Welt gefeiert und in den Heimatländern wird sie wohl keine riesige Fangemeinde abholen, wie das bei Sportlern der Fall ist. Sie haben schliesslich «nur» Musik gemacht. Und es bleibt die ernüchternde Frage, wozu das alles?
Bettina Leemann
14. April 2019
Bild: Bettina Leemann