Es ist ein Abschiednehmen von den unlauteren Versprechungen und optimistischen Zielsetzungen, von denen man weiss, dass sie nie erreicht werden.
Damit keine Missverständnisse aufkommen, sei gleich einmal festgehalten, dass der Schreibende weder an einer Depression leidet und schon gar nicht die Freude am Leben und Alltag verloren hat. Er hat sich lediglich für einen Moment entschieden von dem ewigen Geplaudere «man muss es nur optimistisch sehen» Abschied zu nehmen. Dabei hat er entdeckt, wie wertvoll es sein könnte, einfach ein überzeugter Pessimist zu sein. Dies basierend auf der Realität des Alltags, die man stets neu formulieren und an die Gegebenheiten anpassen muss. Dabei wird man nicht zum ewigen Meckerer und schon gar nicht zum ewigen Nein-Sager oder Zögerer. Ein überzeugter Pessimist betrachtet das Weltgeschehen realistisch, baut keine Traumschlösser und verspricht keine Lösungen, angepriesen von Politik und Wirtschaft, denen jegliche Grundlage fehlen und die nur dem eigenen Machtgehabe und materiellem Gewinn nutzen sollen. In ihrer Notlage der fehlenden Argumentation fordern sie einem dann auf, das Ganze optimistisch zu sehen und nicht in Resignation zu verfallen. «Es kommt schon gut, wenn ….»
Nein, jetzt bitte nicht das viel zitierte Beispiel vom Glas, ob es halbvoll oder halbleer sei. Oder doch: Der Optimist glaubt an die Versprechen, dass ein Brunnen gefunden wird, der das Glas füllt; der Pessimist weiss, dass die Brunnen leer sind, und entdeckt so jeden Tropfen, der das Glas langsam füllt. Die Unverbesserlichen aus Politik und Wirtschaft springen von Brunnen zu Brunnen, verkünden sie seien voll und füllen letztlich das halbvolle Glas nur mit leerer Luft – und fordern, dass alle optimistisch sein sollen. Der verschmähte Pessimist erkennt die Stärken seines Umfeldes und seine eigenen, entdeckt Lösungen, wenn auch nur in kleinen Schritten – und siehe das halbvolle Glas beginnt sich zu füllen.
Es mag sein, dass mein Entscheid ein überzeugter Pessimist zu sein völlig daneben liegt. Auch selbst wenn man sich dabei glücklich und voller Leben fühlt. Aber es bleibt dabei – lieber ein optimistischer Pessimist, als ein lächelnder Optimist, der einfach in Bewegung ist ohne etwas zu bewegen.
Richard Wurz
6. Juli 2018
Bild: zVg