JedeR braucht seinen Freiraum oder seine Insel, wie es in einem entsprechenden Schlager von Peter Reber heisst.
Können Sie sich noch an diesen Titel erinnern? Nun das ist sekundär. Um was es hier wirklich gehen soll ist eben dieser Freiraum, den man manchmal so grosszügig benennt und quasi zugesteht.
Doch wo beginnt der Freiraum und wo stösst er an seine Grenzen? Wieviel Raum darf man sein Eigen nennen? Wieviel Platz darf er im jeweiligen Leben einnehmen? Fragen die sich wohl nur sehr schwer und in den wenigsten Fällen letztlich beantworten lassen, denn die Grenzen sind nach meiner Meinung nie abschliessend. Sie sind fliessend und verschieben sich kontinuierlich ‒ sind heute klar sichtbar und morgen vielleicht schon nicht mehr so absolut. Was heute noch seine Gültigkeit hat, dafür fehlt vielleicht bereits morgen der Platz, weil sich die Umstände grundlegend verändert haben.
Die meisten Freiräume allerdings verschwinden nicht von heute auf morgen, sondern nehmen schleichend, beinahe unmerklich ab, bis sie sich schliesslich vollends und unwiederbringlich aufgelöst haben. Dieser Freiraum ist dann meist für immer verloren oder lässt sich nur zu einem unglaublich hohen Preis wiederbringen. Denken Sie nur an unbeschwerte Tage ihrer Kindheit. Sommerferien waren damals beinahe unendlich, sprich Freiheit pur. Nichts zu müssen, vieles zu dürfen, einfach unbeschwerte Tage geniessen zu können.
Heute als Erwachsener oder gar als Familie sind Ferien in den meisten Fällen nur noch eine Luftveränderung. Viel Zeit geht für die Vorbereitung, das Packen das Hinreisen etc. verloren. In der Feriendestination muss man dann aber auch für Unterhaltung sorgen, denn den Kindern soll es schliesslich nicht langweilig werden. Klar fallen viele Alltagspflichten weg, vor allem wenn man in einem Hotel ist. Aber Hand aufs Herz ‒ Freiheit pur hat sich doch damals in der Kindheit anders angefühlt ‒ oder?
Sie können mir jetzt bestimmt berechtigterweise sagen, dass dies der Preis des Erwachsenseins ist. Ja, damit haben Sie recht. Man kann nicht immer frei von jeglicher Verantwortung einfach in den Tag hinein leben. Diese Möglichkeit ist in unserer Gesellschaft, in unseren Strukturen nicht gegeben. Aber ab und zu davon zu träumen frei von allen Zwängen und Verpflichtungen zu sein, das kann mir niemand verbieten. Und sich hin und wieder ein kleines, zufrieden machendes Stück Freiraum zu nehmen und zu geniessen, das sollte jedem zugestanden sein. Denn wie bereits am Anfang gesagt ‒ jedeR hat ein Recht auf seinen Freiraum, denn hin und wieder braucht man Luft zum Atmen und zum Durchatmen.
Bettina Leemann
20. Juli 2017
Bild: Richard Wurz