...zu haben ist zwar ein gutes Recht und steht einem in der Schweiz auch zu, aber nicht unter jeder Bedingung.
Es war ein mutiger Teenager, der an der Klimakonferenz ein wahrhaft ernst gemeintes Statement abgab und dabei für einige Aufregung sorgte. Da forderte doch tatsächlich ein 15-jähriges Mädchen die hochrangigen Regierungsvertreter aus der ganzen Welt dazu auf, endlich etwas für den Klimaschutz zu tun. Mit markigen Worten wie: «Euch gehen die Entschuldigungen aus, und uns geht die Zeit aus», machte sie klar, dass sie nicht viel von leeren Worten und unsäglichen Papiertigern hält. Weiter fährt sie fort: «Wir sind hierhergekommen, um Euch wissen zu lassen, dass es Veränderungen geben wird. Ob es Euch gefällt oder nicht. Die echte Macht liegt bei den Menschen.» Hier hat ein Mädchen eine klare Meinung und ist sich nicht zu schade, zu dieser Meinung zu stehen und sie in aller Öffentlichkeit kundzutun. Nun fanden einige Erwachsene, dass dieser «rotzfrechen» Göre das Maul gestopft gehört, andere applaudierten lautstark und wieder andere mögen sich wohl im Geheimen gedacht haben, dass sie Recht hat. Sie sollte aber bitte besser das Maul halten, weil sie von Problemen spricht, die nur die Erwachsenen etwas angehen würden.
Aber das Recht auf Meinungsfreiheit ist ein Menschenrecht und steht auch Kindern und nicht nur Erwachsenen zu. In diesem Sinne liessen sich in der Schweiz an den verschiedensten Schule junge Menschen dazu inspirieren, ebenfalls für das Klima und die Umsetzung einer wirksamen Klimapolitik zu demonstrieren. Vielerorts wurde der Unterricht geschwänzt und jetzt ging die Diskussion unter den Erwachsenen erst richtig los. Da wurden Sanktionen gegen die Demonstrierenden beschlossen, weil sie unentschuldigt dem Unterricht ferngeblieben waren. Da wurden gar einige mit der Schulnote 1 bestraft, weil sie einen Mathematiktest verpasst haben.
Bei allen diesen Meldungen vergeht mir echt die Sprache und die Worte bleiben mir im Hals stecken. Da wird, seit ich denken kann, darüber gelästert, dass sich junge Menschen nicht mehr engagieren, sie zur sogenannten «Nullbock-Generation» gehören. Dann aber brennen sie tatsächlich endlich einmal für etwas und engagieren sich in der Politik, wollen etwas bewegen und den Pädagogen in unserem Land fällt nichts Besseres ein, als den Mahnfinger in die Luft zu heben und zu sanktionieren? Dabei hätte man doch das Thema auch in den Schulen dazu nutzen können, um mit die SchülerInnen intensiv zu diskutieren, was sie denn bewegt, wie man sich engagieren könnte, wie man effektiv auch demonstrieren könnte. Aber offensichtlich hat diese Art von politischer Meinungsbildungen in unseren Bildungstempeln keinen oder kaum Platz.
Da bleibt mir doch nur zu sagen, wo ausser im echten Leben lernt man was Politik ist und Meinung eben nicht gleich Meinung ist. Mich würde es nicht wundern, wenn diese sanktionierten jungen Menschen in Zukunft die Finger davon lassen ihre Meinung zu äussern, trotz des Rechts auf freie Meinungsäusserung. Vielleicht gibt es einige Unerschütterliche, die sich das Maul auf diese Weise nicht verbieten lassen und mutig für ihre Überzeugung einstehen. Zu hoffen wäre es, denn nur so bewegt sich die Menschheit.
Bettina Leemann
30. Januar 2019
Bild: red