Reden ist Silber …
… und Schweigen ist Gold. Nähme man diese uralte Weisheit nur ein bisschen ernst, dann würde im gesellschaftlichen Alltag viel mehr Ruhe einkehren, denn für ein Schweigen Gold zu bekommen, das kann sich ja nur lohnen. Nur so nebenbei eingefügt, kann ich so auch verstehen, warum die einstigen Goldschürfer so schweigsame Menschen waren, hätten sie sonst doch kein Gold gefunden.
Das mit dem im richtigen Zeitpunkt etwas sagen respektive schweigen ist in sich so eine Sache, denn wer bestimmt den Moment des Schweigens oder Redens. Als Kind hatte ich es diesbezüglich eigentlich ganz einfach damit umzugehen, denn die Regeln waren gegeben ‒ man sollte nur dann reden, wenn man gefragt wurde. Nein, so eng war es nicht, denn einfach drauf los plaudern durften wir schon. Aber erinnern Sie sich an Radio Beromünster mit seinen Nachrichten genau um 12.30 Uhr, also die Zeit, während der man am Familientisch sass, das Mittagessen einnahm und einander erzählen wollte. Kaum erklang im Radio der Piepston, waren wir aufgefordert absolutes Stillschweigen zu bewahren. Nun rechnen Sie mal mit wie viele Stunden das letztlich im Laufe der Kindheit so zwischen 3 und 14 Jahren ergab. Sie erkennen den verwerflichen Gedanken, wo blieb das viel zitierte Gold des Schweigens. Wie sich das heute so am Familientisch verhält, entzieht sich meinen Kenntnissen, aber das Reden respektive Schweigen hat sich eigentlich ja geklärt, denn jeder sitzt mit seinem Smartphon am Tisch.
Nun werden Sie liebe LeserInnen mir mit Recht zu verstehen geben, dass man diese Weisheit symbolisch sehen müsse und es doch manchmal richtig sei, wenn man sich sagt «da hätte ich besser nichts gesagt». Gut so, einverstanden, aber erst kürzlich bin ich beim täglichen Zeitungslesen wieder auf dieses Thema gestossen. So soll es im Ständerat zu Bern ein ungeschriebenes Gesetz geben, dass die Neugewählten während der ersten Session zu schweigen hätten und einfach zuhören sollen. Auf den ersten Blick schmeckt das nach Zensur oder Angst der Bisherigen sie würden in ihrer Arbeit aufgeschreckt. Auf den zweiten Blick finde ich das aber schon fast eine bedeutende Erkenntnis der StänderätInnen, denn Schweigen würde manchmal weniger Schaden anrichten, auch wenn es kein Gold bringt.
Richard Wurz
4. Dezember 2019
Bild: zVg