Das Jahr 2020 wird in Erinnerung bleiben.
In vielerlei Hinsicht, unterscheidet es sich doch von den letzten Jahren und Jahrzehnten. Gerade die dunklen Monate, der November und Dezember, eignen sich sehr gut, um sich Gedanken zu machen, auf das vergangene Jahr zurückzublicken und auch beim kalendarischen Jahreswechsel eine Art «Bilanz» zu ziehen.
Eine weltweite Pandemie und der folgende Lockdown rissen uns aus dem gewohnten Alltagstrott. Wortlos, sprachlos akzeptierten wir diese aussergewöhnliche, einmalige Lage. Unser Alltag, unsere Pläne traten in den Hintergrund. Es gab Wichtigeres.
Wir Menschen sind grundsätzlich flexibel und pragmatisch. Leicht passen wir uns immer wieder an neue, schwierige Situationen an. Der Mensch macht das Beste aus der jeweiligen Lage. In den 1990er Jahren war ich während des Krieges auf dem Balkan immer wieder Zeuge dieses menschlichen Phänomens. Ob Krieg und Zerstörung, Gewalt und Vertreibung, Hunger und Not, ob damals oder auch heute auf den Flüchtlingsrouten.
In Krisen und Ausnahmesituationen zeigen wir Menschen nicht immer nur unsere besten Eigenschaften und Charakterzüge. Optimistisch stimmt mich jedoch die Erfahrung, dass wenn es darauf ankommt, sich immer wieder Menschen oft selbstlos engagieren, sich über Zwänge oder Vorgaben hinwegsetzen und helfen. Empathie und Menschlichkeit zeichnen uns aus. Immer wieder und unter unterschiedlichsten Bedingungen.
Im Vergleich zu vielen Regionen unseres Planeten geht es uns im Freiamt, in der Schweiz, in Mitteleuropa sehr gut. Umso wichtiger ist es mir, dass wir, die auf der Sonnenseite leben, die Menschen im Schatten, die man oft nicht sehen kann oder teilweise auch nicht sehen möchte, nicht vergisst.
Jede Krise birgt auch Chancen. Auch wenn die Wintermonate oft kalt und dunkel sind, wissen wir, dass bald ein neues Jahr beginnen wird, der Frühling unaufhaltbar naht und die helleren, sonnigen und warmen Tage folgen werden. Sie werden den Winter vertreiben.
In diesem Sinne wünschte ich mir, dass wir in Zukunft noch mehr aufeinander schauen würden, sowohl im Freiamt als auch jenseits diverser Grenzen – leben wir Nächstenliebe!
Stefan Dietrich
Lehrer, Historiker, Bremgarten
17. Dezember 2020
Bild: Stefan Dietrich