Ein bisschen Utopie schon
Nach einer intensiven Probenwoche am Künstlerhaus Boswil unter der Leitung von Hugo Bollschweiler, künstlerische Co-Leitung und Dirigat, gingen die sechzig jungen Musiker:innen auf eine anforderungsreiche Tournee. Die erste Etappe war Italien, wo drei Freiluftkonzerte stattfanden – in Casole d'Elsa, auf der Piazza del Priori in Volterra und auf der Piazza della Signoria in Florenz, wo sie von einem begeisterten Publikum ein sehr positives Echo bekamen. Diese Italienreise bleibe in bester Erinnerung, so Stefanie C. Braun, künstlerische Co-Leitung und Projektmanagement JSAG, anlässlich des Konzerts in der Alten Kirche, und fügte an: «Das Team war wunderbar und mit viel Leidenschaft dabei.»
Erstmals in der Schweiz
Mit der «Capriccio Sinfonico» von Giacomo Puccini (1859 bis 1924) eröffnete das JSAG den Konzertabend mit einem Wechselspiel der Gefühle zwischen Freude, Wut, Zorn, Leidenschaft und Sanftheit. Die jungen Musiker:innen interpretierten unter dem Dirigat von Hugo Bollschweiler nicht nur hervorragend das Werk, sondern nahmen die Zuhörer:innen mit in diese Musikwelt voller Kraft, Direktheit und Einvernehmen. Die Intensivität der Musik entfachte ein Feuer, bewegte und nahm einem in ihren Bann. Das Orchester verstand es sehr gekonnt trotz der aufkommenden Heftigkeit die Feinfühligkeit der Musik miteinzubeziehen.
Mit dem Werk «Bishop Rock» komponierte Doreen Carwithen (1922 bis 2003) eine einmalige Klanglandschaft zwischen Hoffnung, Sehnsucht und Heimkehr. Das Orchester öffnete trotz Wellen eine Weitsicht, ein Abschweifen in die Ferne und gleichzeitig eine intensive Nähe. Es ist ein Werk, das aus tiefen Gründen führend hinauf in den freien Raum führt. Hugo Bollschweiler verstand es hervorragend gemeinsam mit den Musiker:innen diesen Weg hör- und spürbar zu machen. Dieses eindrückliche Werk erlebte in Boswil erstmals eine Aufführung in der Schweiz. Es sei daher mit Verlaub angemerkt, dass nicht nur das Werk Spuren hinterlässt, sondern auch die Tatsache, dass den Komponistinnen immer noch der Platz im «Konzertbetrieb» mehrheitlich verwehrt bleibt.
Die Interpretation der «Sinfonie Nr. 7, E-Dur» von Anton Bruckner (1824 bis 1996) wurde vom JSAG auf hohem Niveau interpretiert und eine Welt geöffnet, die auch utopische Gedanken trägt und zulässt. Fast so, als ob Unmögliches wie Frieden und Vollkommenheit in der Welt der Musik seinen Platz finden kann. Bruckner's Sifonie ist nicht nur zum Hören, sondern zum Erleben. Und in diesem Punkt gibt einem das JSAG neben der hochstehenden musikalischen Qualität noch etwas anderes mit. Auch das JSAG ist als Orchester zusammengesetzt aus den verschiedenen Registern, aber die jungen Menschen strahlen gelebte Leidenschaft aus und man hat nie das Gefühl ein Register spiele, sondern es ist immer ein in sich gefundenes Orchester als Ganzes.
Richard Wurz
15. August 2025
Bilder: Bruno Rotach
Das Konzert «Utopia» wird am Sonntag, 17. August um 11 Uhr im KuK Aarau, Schlossplatz 9, Aarau, aufgeführt. Weitere Informationen unter www.kuenstlerhausboswil.ch
Impressionen