Es ist Heiligabend und in Airolo freuen sich Jung und Alt ob des Zusammenseins.
Nur wir Kinder singen, grillieren und «gumpen» im neuen glänzenden Schnee. Wir springen mit feierlichem Atem zu Grossvaters Haus. Er erwartet uns an der Haustüre: welch ein Zauber seine hellblauen Augen. Der Himmel gehört ihm!
In der kleinen Stube steht ein frischgeschnittener Weihnachtsbaum. Zitterndes Schimmern, angezündete, winzige farbige Kerzen beleuchten das Zimmer und das Lächeln aller Gesichter. Ein Tisch ist voll von Paketen zum Enthüllen bereit – Spielzeuge, warme, weiche Strümpfe und Handschuhe, die unsere tüchtige Grossmutter mit grosser Liebe gestrickt hat. Der Winter erlaubt uns, vor Kälte sogar die Zähne zu klappern.
Natürlich der Duft von Mandarinen, Nüssen und von unzähligen Süssigkeiten lädt uns zu einer warmen Umarmung ein. Der Geschmack unserer traditionsreichen Crèfli mit Butter, Honig, Rahm, Zucker und einigen Tropfen Anisette folgt uns in unserer noch jungen Alterszeit mit viel Dankbarkeit für die tiefen, unvergesslichen gelebten Weihnachtserinnerungen und für die reichen, festlichen Gedanken.
Nun bewundere ich das Lichtlein über dem Wald von Airolo und, mit meinen Grosskindern, träume: Das Christkind erreicht uns mit seiner Laterne vom Himmel oder von einem unschuldigen Stern?
Text: Franca Da Rin, Dialektautorin, Airolo
Bild: Richard Wurz – Zeichnung von Christina Blatter Bremgarten
24. Dezember 2021
Das Crèfli ist ein nahrhaftes Biskuit und wurde vor Zeiten in den Bauern-, Industriearbeiter- und Eisenbahnerfamilien zu Weihnachten und Neujahr hergestellt und einst haben es die Strassenarbeiter beim Schneepflügen als Zwischenverpflegung geschätzt.